Die übermütige Polka, die Johann Strauss im Sommer 1858 in Russland komponiert und zum ersten Male bei seinem dritten Benefizkonzert am 31. Juli [12.8.] unter dem Titel "Bol [Bowl] Champagner-Polka" aufgeführt hat und die er als musikalischen Scherz verstanden wissen wollte, ist in der Wiener Chronik in den Schatten einer Tragödie geraten. So fröhlich der Anlass auch gewesen sein mag, der den Komponisten zu diesem Werk angeregt hat, in dem er die Champagnerkorken knallen liess, die Widmung des Werkes an den damaligen Finanzminister der Donaumonarchie, Carl Ludwig Freiherm von Bruck, beschwor lange nach der Präsentation in Pawlowsk bei St. Petersburg und der ersten Aufführung in Wien am 21. November 1858 im k.k. Volksgarten tragische Schatten herauf. Denn der überaus erfolgreiche Minister wurde nach dem verlorenen Krieg Österreichs gegen die vereinigten Truppen des Königsreichs Sardinien und Frankreichs in Oberitalien im Jahre 1859, fälschlich beschuldigt, für die mangelhaften Heereslieferungen mitverantwortlich zu sein und damit zur Niederlage beigetragen zu haben. Die Vorwürfe erwiesen sich zwar als haltlos, aber als der junge, schlecht beratene Kaiser Franz Joseph den Ehrenmann von Bruck nur widerwillig und halbherzig rehabilitierte, nahm sich der tief gekränkte Freiherr im April 1860 das Leben. Das mag dazu beigetragen haben, dass Johann Strauss die erfolgreiche "Champagner-Polka" später nur selten auf die Programme seiner Konzerte setzte und überhaupt erst, als die "Affäre von Bruck" so halbwegs wieder vergessen war. Im Sommer 1858 konnte man diese Entwicklung allerdings nicht einmal ahnen. Der Sohn des Freiherm, Carl Freiherr von Bruck jun, war in diesem Sommer zum Legationssekretär bei der österreichischen Botschaft in St. Petersburg ernannt worden. Das ist wohl mit Champagner gefeiert worden. Und natürlich bezog sich Johann Strauss mit diesem Werk auch auf die aktuelle Währungsreform, die eine Abwertung des österreichischen Guldens mit sich brachte. "'s ist mir alles eins, 's ist mir alles eins, ob ich Geld hab' oder kein's" lautete ein bekanntes Lied aus alten Zeiten, das nach dem Staatsbankrott des Jahres 1811 zum ersten Male erklungen war. Auch diese Melodie geistert durch das Trio der Polka. Sie war also ursprünglich übermütig lustig, die "Champagner-Polka". Aber die tragischen Schatten aus dem Jahre 1860 konnte sie lange Zeit hindurch einfach nicht verscheuchen.
Johann Strauss (Sohn) : Champagner-Polka op. 211 © by WJSO-Archive
Sonntag, 21. Jänner 201816.00 Uhr München ⁄ Gasteig
Konzert im Gasteig
Johannes Wildner Dirigent Simona Eisinger Sopran Franz Gürtelschmied Tenor
Programm Johann Strauss (Sohn) : Ouverture zu «Die Fledermaus» Johann Strauss (Sohn) : «Mein Herr Marquis», Lachcouplet der Adele aus der Operette "Die Fledermaus" Johann Strauss (Sohn) : Leichtes Blut / Polka schnell op. 319 Johann Strauss (Sohn) : Kaiser-Walzer op. 437 Franz Lehár : «Dein ist mein ganzes Herz» aus der Operette «Das Land des Lächelns» Johann Strauss (Sohn) : Im Krapfenwald´l / Polka française op. 336 Johann Strauss (Sohn) : Dieser Anstand so manierlich «Uhrenduett» Pause Johann Strauss (Sohn) : Ouvertüre zur Operette «Der Zigeunerbaron» Johann Strauss (Sohn) : «Ja, das alles auf Ehr», Auftrittslied des Barinkay aus der Operette «Der Zigeunerbaron» Johann Strauss (Sohn) : Wiener Blut / Walzer op. 354 Johann Strauss (Sohn) : "Grüß dich Gott, du liebes Nesterl" aus der Operette «Wiener Blut» Josef Strauss : Feuerfest! / Polka française op. 269 Emmerich Kálmán : «Tanzen möcht' ich» aus der Operette "Die Czàrdàsfürstin" Johann Strauss (Sohn) : Unter Donner und Blitz / Polka schnell op. 324 Johann Strauss (Sohn) : An der schönen blauen Donau / Walzer op. 314 Zugabe Johann Strauss (Sohn) : Champagner-Polka op. 211 Franz Lehár : Lippen schweigen, Duett aus «Die lustige Witwe» Johann Strauss (Vater) : Radetzky-Marsch op. 228
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